Flintenschießen ist nicht nur jagdlich spannend, sondern auch ein interessanter Sport. Und wie bei jedem anderen Sport gilt auch hier: Übung macht den Meiser. Wer also im Herbst dem Niederwild und im Sommer den Krähen nachstellen will, ist gut beraten, schon jetzt fleißig den Schießstand zu besuchen. Denn das aufwendigste Lockbild, die beste Tarnung, teure Munition und mühsames Aufstehen in der Früh, es nützt alles nichts, wenn wir die anstreichenden Krähen nicht treffen und erlegen können. Durch schlechtes Flintenschießen bewirkt man sogar eher das Gegenteil: Die intelligenten Krähen lernen schnell dazu und werden mit jedem Fehlschuss vorsichtiger und dadurch wesentlich schwieriger zu bejagen.
Was jeder, der ein guter Flintenschütze werden will, beachten muss, möchte ich euch kurz und knapp in Form eines Einblicks in diese besondere Kunst vorstellen. Gleich vorweg: es gibt verschiedene Ansätze und Techniken beim Schrotschießen, die man nicht per se als richtig oder falsch bezeichnen kann, sofern man einige grundlegende Punkte beachtet.
Grundsätzlich sollte der Stand eine Spur breiter als hüftbreit sein, der Rechtsschütze stellt den linken Fuß voran, der Linksschütze macht es klarerweise umgekehrt. Ob man dann leicht in die Knie geht, oder die Beine vollständig durchstreckt, ist wie so oft Geschmackssache.
Wichtig ist, dass Herr und Frau Schütze eine Position wählen, in der die drehenden Links- und Rechtsbewegungen angenehm und einfach auszuführen sind. Der Beweglichkeit halber und zum Zwecke der Rückstoßabfederung muss ich den Oberkörper leicht nach vorne neigen: wie ein Boxer, bereit anzugreifen.
Die Laufstellung
Mit Laufstellung meine ich die Haltung des Flintenlaufes, in dem Moment, in dem ich meine Bewegung vom Jagdanschlag in den Anschlag starte. Wähle ich meine Laufstellung von Anfang an zu hoch und mein Korn zeigt über die Flugbahn des Ziels, werde ich ziemlich sicher über das Ziel anschlagen. Erwähnenswert ist die Tatsache, dass sich unser Hirn mit der Korrektur von oben nach unten äußerst schwertut, umgekehrt, also von unten nach oben hingegen funktioniert das recht gut.
Daher ist wichtig, den Lauf rechtzeitig am unteren Rand der Flugbahn unseres Ziels zu platzieren.
Techniken
Um einmal grundsätzlich zu verstehen, wann welche Technik angewendet wird, muss man zuerst die verschiedenen Arten von Zielen unterscheiden können. Der gute Schrotschütze unterscheidet Ziele in dem Winkel, in dem sie sich zu ihm bewegen. Sprich: bewegen sich die Ziele von links nach rechts oder umgekehrt, die Flugbahn verläuft dann also im 90-Grad-Winkel zu mir, oder fliegen die Ziele zu mir her oder weg. Dazu muss man erwähnen, dass sich die Winkel und Flugbahnen natürlich laufend ändern. Das besondere „Können“ eines jeden Flintenmeisters ist das richtige „Lesen“ des Ziels. Also die Antwort auf die Frage: An welcher günstigen Stelle der Flugbahn und mit welcher Technik kann ich das Wild am leichtesten erlegen.
Und das wiederum gelingt einzig und allein durch ausreichend Training am Jagdparcoursstand. Durch die verschiedenen Winkel ändern sich klarerweise auch meine Vorhalte. Wobei zum Beispiel ein Ziel wie die Krähe, das kerzengerade auf mich zufliegt oder gerade von mir abstreicht, keinen Vorhalt braucht. Anders sieht es bei einer Flugbahn aus, die im 90-Grad-Winkel zu mir verläuft, da ist der Vorhalt im Verhältnis zu Entfernung und Geschwindigkeit am größten. Man muss mutig sein und sich trauen, vor das Ziel ins „Nichts“ zu schießen, denn Schrot fliegt bekanntlich langsam. Einfach gesagt: Beim Abziehen schieße ich dorthin, wo das Ziel sein wird, wenn der Schuss ankommt und nicht dort, wo es sich gerade befindet, wenn ich meinen Abzug betätige.
Um in diesen Vorhalt zu kommen, gibt es nun verschiedene Techniken.
Swing Through
Die in Österreich gebräuchlichste, von mir etwas zynisch „alt-österreichischer Schießstil“ genannte Variante, ist das von hinten Überholen und Durchschwingen. International auch als „Swing Through“ bezeichnet.
Wie funktioniert’s? Man schlägt in der Bewegung knapp hinter das Ziel hin an, überholt mit dem Korn und drückt ab, während man noch die Überholensbewegung durchführt. Diese Art des Schießens ist eine sehr, sagen wir, intuitive. Und hier liegt auch das Problem: Denn diese Intuition muss jahrelang trainiert werden und hängt zudem natürlich stark von der Tagesverfassung und der damit einhergehenden Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit ab. Ich selbst verwende diese Technik hauptsächlich bei Zielen, die sich von mir wegbewegen, wie zum Beispiel ein vor mir aufstehender Hase oder Fasanhahn.
Pull Away
Diese Technik wird häufig in den britischen Ländern gebraucht und ist beliebt bei weiten „Querreitern“ (im 90-Grad-Winkel fliegende Ziele). Ich halte „Pull away“ für eine jagdlich oft hilfreiche Technik.
Wie funktioniert’s? Ich schlage auf oder knapp unter mein Ziel hin an und bewege mich kurz auf dem Ziel mit, um ein Gefühl für Flugbahn und Geschwindigkeit zu bekommen. In weiterer Folge löse ich mich mit meinem Korn von meinem Ziel, bewege mich in den entsprechenden Vorhalt und drücke in der Bewegung ab. Bei sehr weiten und hohen Vögeln verwende ich diese Technik sehr gerne.
Maintained Lead
Beim Krähenjagen und der Niederwildjagd ist es ganz entscheidend, gut einschätzen zu können in welcher Entfernung, Geschwindigkeit und in welchem Winkel sich das Wild bewegt, um die Technik entsprechend anpassen zu können. Und keine Sorge, nach etwas Training passiert das dann automatisch aus dem Gefühl. Noch ein kleiner Tipp am Rande, da ich selbst sehr viel Krähen jage: einer der wichtigsten Punkte ist die richtige Einschätzung, wann ich aus dem Schirm aufstehe, um die Krähe zu beschießen. Steht rechtzeitig auf, ehe die Krähe wieder wegfliegt, aber nicht zu früh, damit der Schuss nicht zu weit und damit unnötig schwierig wird!
Text:
Josef Melcher
Fotos:
Katharina Leissing