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Trotz intensivster Bejagung wachsen Rotwildbestände mancherorts weiter an. Mit einer kritischen Bewertung bisheriger Jagdstrategien sollte es dennoch möglich sein, diese imposante Wildart weidgerecht regulieren zu können.
Die jährlichen Rotwildstrecken haben sich in Österreich seit 1925 (Strecke 6.030 Stück) beinahe verzehnfacht. Auch in unseren Nachbarländern ist man mit einer analogen Entwicklung konfrontiert, oft unabhängig davon, ob Rotwild gefüttert wird oder nicht. Unbestritten ist ebenfalls eine deutliche Steigerung der Schälschäden bundesweit in den letzten Waldinventurperioden. Die steigenden Rotwildbestände erfordern erhöhte Abschussfreigaben, damit steigt oft der Jagddruck, was zur Folge hat, dass die Sichtbarkeit der so „belehrten“ Rotwildpopulationen stetig abnimmt. Das Rotwild verbleibt im Tagesverlauf noch länger in den Einständen, was wiederum das Schälrisiko steigert. Unzweckmäßig strukturierte Rotwildbestände mit zugunsten der Tiere verschobenen Geschlechterverhältnissen produzieren deutlich mehr Zuwachs als gut strukturierte Bestände. Zudem ist davon auszugehen, dass auch die Rotwildfütterung aufgrund niedrigerer Winterverluste (Kälber!) und weniger übergangenen Schmaltieren zuwachssteigernd wirkt.

Als fünf Hauptgründe für die Regulierung (Einstellen eines möglichst ausgeglichenen Geschlechterverhältnisses) bzw. Reduktion (Absenken des Rotwildbestandes) von hohen oder ungünstig strukturierten Rotwildbeständen können angeführt werden:

• Wildschäden, übermäßiger Wildeinfluss auf die Vegetation 
• Probleme mit der Wildtiergesundheit (z. B. Tuberkulose, Paratuberkulose) 
• schwindende (Winter-)Lebensräume oder Mehrfachnutzung von Lebensräumen 
• geplante Auflösungen von Rotwildfütterungen (Reduktion vor einer Auflösung!) 
• Verminderung der Kosten für die Winterfütterung und des Jagdaufwands für die erforderliche Kahlwildregulierung

Bei einem Überhang weiblichen Wildes steigen auch die Zuwachsprozente deutlich und die Kälbergewichte sinken meist gleichzeitig. Alte Tiere sind wahre „Erfahrungsträger“, sie speichern einmalig erlebte negative Erlebnisse rund fünf Jahre lang! (Fotos: S. Pirker, A. Deutz)

Während der Wolf das Rotwild in Rudeln jagt(e), wird es heute vom Menschen vielerorts nach „Luchsmanier“, also bei der Einzeljagd, erlegt. Doch es hat herausgefunden, wie es sich dieser Form der Bejagung sehr erfolgreich entziehen kann. So passt es sein Raumnutzungsverhalten sehr geschickt der jeweiligen Bejagungsstrategie an. Das Ergebnis seines Ausweichverhaltens kann je nach Lebensraumbedingungen zu durchaus unterschiedlichen Ergebnissen führen, wie in mehreren Projekten anhand von besendertem Rotwild nachvollziehbar dokumentiert werden konnte. In Bergrevieren hat das Rotwild vom Grundprinzip her zwei höchst unterschiedliche Strategien entwickelt, um sich der Bejagung zu entziehen: Entweder Ausweichen in extrem schwierig bejagbares Gelände (z. B. unerschlossene Hochlagen) oder Zurückziehen in deckungsreiche Waldeinstände.

Die Waldinventur dokumentiert den erfreulichen Entwicklungstrend, dass die Naturverjüngung in Österreichs Wäldern stammzahlreicher und vielfältiger geworden ist. Durch Waldpflege und Vorlichtung hat die für das Schalenwild verfügbare Äsung auch unter Bestandesschirm deutlich zugenommen. Nahrung steht also auch im Einstand reichlich zur Verfügung. Warum sollte das Wild also bei Tageslicht auf Freiflächen austreten, wenn es dort erfahrungsgemäß zu bestimmten Zeiten besonders gefährlich ist? Durch langjährig hohen Jagddruck auf den Freiflächen ist diese Tendenz gewaltig verstärkt worden (vor allem durch Abendansitze am Waldrand, wenn das hungrige Wild auf Grünlandflächen ausziehen will). Wie in Telemetrie-Projekten wiederholt gezeigt werden kann, ist „klug geschossenes“ Rotwild nur noch selten auf guten Äsungsflächen außerhalb der Deckung anzutreffen – und wenn, dann allenfalls während der Nachtstunden. Es bleibt zwar dämmerungsaktiv, aber eben innerhalb des schützenden Waldes.

In Regionen mit ausgedehnten Hochlagen hingegen (mit Almen, Latschen und alpinen Matten oberhalb der Waldgrenze) zieht das Rotwild mit Frühjahrsbeginn mittlerweile sehr rasch aus seinen Wintereinständen in unwegsame Gebiete oberhalb der Waldgrenze, wo es jagdlich nicht oder nur mit enormem Aufwand erreicht werden kann. Dort zieht es während der Sommermonate seinen Nachwuchs in nahezu völliger Jagdruhe groß. Erst im späten Herbst bzw. bei entsprechend hohen Schneelagen (oft erst kurz vor Ende der Jagdzeit) verlässt das Rotwild diese natürlichen Ruhezonen wieder in Richtung „bejagbarer“ Revierteile. Wenn es bei seiner Rückkehr rasch in die Nähe von Winterfütterungen zieht, darf es dort per Gesetz aber nicht bejagt werden (nur in Vorarlberg darf Kahlwild durch Jagdschutzorgane erlegt werden). Es bleibt also trotz sehr langer Schusszeiten (meist zwei Drittel des Jahres) kaum ausreichend Zeit für die Abschöpfung des jährlichen Zuwachses.

Bei einem späten Wintereinbruch in den Hochlagen, wie er in den letzten Jahren immer häufiger zu verzeichnen war, erscheint eine dem physiologischen Rhythmus nicht gerecht werdende „Jagdzeitverlängerung“ (in den Januar hinein) nahezu unentbehrlich, wenn die Abschusspläne dann noch erfüllt werden sollen. Anzumerken ist, dass unter den hier dargestellten Bedingungen genau genommen nicht eine Verlängerung des Jagddrucks über acht Monate hinaus stattfindet, sondern eine notgedrungene Verschiebung der Jagdzeit, weil sich das intelligente Rotwild während der gesetzlichen Jagdzeit seine mehrmonatige „Ruhezeit“ in den Hochlagen gesichert hat. In Regionen mit solchen saisonalen Rotwildzügen ist auch eine Sicherstellung der Abschusserfüllung mittels Stöberjagd primär vom witterungsabhängigen (und damit langfristig „unplanbaren“) Rotwildzuzug in den Waldbereich abhängig, denn solche Jagden lassen sich ja nicht in den waldfreien Hochlagen durchführen.
Neue Strategien zur Rotwildbejagung

Ohne angestammte Bejagungsmethoden revolutionieren zu wollen, wäre es mit etwas revierübergreifendem Denken – zumindest in Reduktionsphasen – zielführender, anstatt einen kleinräumigen permanenten Jagddruck in Einzeljagd auszuüben, übergreifend sowohl Ruhezonen einzurichten als auch Rotwild zwischendurch (nach Wolfsmanier) in Gemeinschaftsjagden zu bejagen (Schatz, 2011). Ob es sich dabei um Gemeinschaftsansitze (mit leichtem Anrühren) oder Bewegungsjagden mit Treibern und/oder Hunden handelt, ist regional abzustimmen, sollte aber günstigenfalls auch über Reviergrenzen hinausgehen. Unter Berücksichtigung günstiger Witterungs- und Windverhältnisse wären solche Jagden auch kurzfristig planbar. Solche Bewegungsjagden sind jedoch keine Veranstaltungen für Pflicht- oder Höflichkeitseinladungen, sondern erfordern von den Beteiligten erhebliches jagdliches Geschick, um das Rotwild bei „stummen Zeugen“ nicht mit Negativerlebnissen weiterlernen zu lassen. In diesem Zusammenhang wird von „belehrten Populationen“ gesprochen, die jagdliche Fehler sehr lange nachtragen. Bei dem Vermögen, die menschliche Witterung auf einige hundert Meter bis über einen Kilometer zu wittern und negative Erfahrungen rund fünf Jahre zu speichern, darf man sich dann nicht wundern, wenn Rotwild unsichtbar wird. 
Hoher Jagddruck steigert auch das Wildschadensrisiko. (Fotos A. Deutz)

Ansätze zur Verwendung von Nachtsichtgeräten und ebensolchen Zielhilfen sind da keinesfalls ein Ausweg, sondern sie würden den Schadensdruck durch zunehmende Unsicherheit des Rotwildes nochmals erhöhen. Eine günstige Jagdstrategie bestünde darin, Jagdmethoden zu verwenden, die den Lerneffekt für das Wild möglichst gering halten. Dazu kann es auch sinnvoll sein, zwischen Jagdmethoden (Einzeljagd, Intervallbejagung, Gemeinschaftsjagden, wo nötig Schwerpunktbejagung) räumlich und zeitlich zu wechseln und entsprechende Ruhezonen einzurichten.

Beispiele zur Zuwachsleistung

Bei Vorliegen eines verschobenen Geschlechterverhältnisses (GV) in Richtung des weiblichen Wildes ist die jagdgesetzliche Vorgabe (die sich auf ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis bezieht) nicht ausreichend, um Rotwild zu regulieren (das GV zu korrigieren) oder gar zu reduzieren (den Bestand abzusenken). Ein Beharren auf der Verteilung 30 Prozent Hirsche, 30 Prozent Tiere und 40 Prozent Nachwuchsstücke würde zu einer weiteren Verschiebung des GVs führen.

In Gebieten mit steigenden Beständen und meist auch zunehmenden Rotwildabschüssen (auffällig ist dabei oft ein steigender Anteil an jungen Stücken, was für einen „produktiven“ Rotwildbestand spricht) ist ein weiteres Anwachsen des Rotwildbestandes zu vermeiden. Dazu sind die Abschüsse beim Kahlwild anzuheben. Tiere und Kälber sollten zu gleichen Teilen angehoben werden, um eine erfolgreiche Regulierung des Rotwildbestandes gewährleisten zu können (Abschuss der „Produzenten“, sprich der Alttiere).
Mit etwas mehr Gefühl zum Erfolg

Wer dem Rotwild etwas Gutes tun will, setzt sich mittel- bis langfristige Ziele, hält diese konsequent ein und adaptiert sie nach Bedarf. In der letzten Zeit ist die Wald-Wild-Frage wieder neu entfacht. Überhöhte Rotwildbestände sollen dem Lebensraum angepasst werden und die Jäger stehen dieser Forderung oft ratlos gegenüber, da man meist ohnehin die jagdliche Umsetzungsgrenze bereits erreicht hat. Um einen überhöhten Rotwildbestand bei konsequenter Umsetzung (Abschusshöhe und -zusammensetzung) nachhaltig zu regulieren, braucht es Zeit (zumindest vier bis sechs Jahre). Erfahrene Rotwildjäger nehmen sich dazu mehr Zeit, um sich mit dem Revier, den Windverhältnissen, den Wechseln des Wildes, seinen Traditionen usw. intensiv auseinanderzusetzen. Dies sind Grundvoraussetzungen in Reduktionsphasen, um eine geeignete jagdliche Strategie zu entwickeln. Hierfür braucht es auch regionale, revierübergreifende Lösungsansätze (Regulierungskonzepte) und fachliche Unterstützung in Problemgebieten vor Ort.

Beispiel einer Reviereinteilung in Ruhezone (grün), Intervallbejagung (ocker) und Schwerpunktbejagung (rot); unauffällige Ansitzeinrichtungen („Schirm“) sind oft deutlich besser als auffällige Kanzeln oder Hochsitze („Baumhotels“).

Ruhezonen stellen Ausgleichszonen zu den Bejagungsgebieten dar. Dem Rotwild wird trotz hoher Abschussvorgaben genügend Raum gegeben, wo es ungestört seinen natürlichen Tagesrhythmus einhalten kann. Diese Vertrautheit kann in angrenzenden Intervallbejagungsflächen gezielt ausgenutzt und dadurch die jagdliche Effizienz gesteigert werden. In der Beispielgrafik etwa befindet sich die Ruhezone oberhalb der Waldgrenze. Die Kampfzone und der lichte Almwald darunter werden im Intervall gezielt bejagt. Das Rotwild wird bei Witterungsumschwüngen (Regen, starker Wind) in den Waldgrenzbereich heruntergedrückt, bestehende Großrudel teilen sich in Kernzonen in kleinere Rudel auf und diese können gezielt angepirscht und Stücke bei guten Windverhältnissen erlegt werden. Eine gute Schießleistung, körperliche Kondition sowie jagdliches Gespür sind für den Erfolg solcher Überraschungseffekte ausschlaggebend. Diese kreativen Anpassungsformen der Bejagung auf lernfähiges Rotwild erfolgen auf sehr kleinräumigen Gebieten (punktuelle Intervallbejagung mit hoher Strecke) und stehen mit einer „strategischen Ruhephase“ vor der Brunft nicht in Konflikt. Der Jagddruck auf den verbleibenden Bestand bleibt minimal. Ein zusätzlicher positiver Aspekt ist, dass in solchen Bejagungsphasen vermehrt Alttiere samt Kälbern erlegt werden, was in Reduktionsphasen außerordentlich wichtig ist. In solchen Phasen kann auch angedacht werden, Ruhezonen ein- bis zweimal jährlich effizient für Reduktionsabschüsse (Kahlwild) zu nutzen.

In der jagdlichen Praxis wird das Prinzip der Intervallbejagung manchmal unzweckmäßig eingesetzt oder sogar gänzlich missverstanden. Ein Intervall sollte sich zeitlich nicht starr an ein Datum halten, sondern vielmehr am Wettergeschehen orientieren. Es kann vorkommen, dass in einem vorgesehenen Bejagungsintervall nur an wenigen Tagen sinnvoll auf Rotwild gejagt werden kann, weil das Wetter keinen Jagderfolg verspricht. Daher muss der Intervallbeginn variabel gestaltet sein. Gemeinschaftsansitze können bei gut geplanter Durchführung durchaus beachtliche Erfolge (vor allem am Morgen) haben. Voraussetzung ist, dass die Organisatoren die Gewohnheiten des Rotwildes in ihrem Revier gut kennen.

Die Ansitzeinrichtungen sind an strategisch günstigen Positionen einzurichten und dürfen nicht zu nahe an Hauptwechseln angebracht sein. Im Berggebiet werden hangparallel die Hochsitze am Morgen besetzt und das von den höher gelegenen Äsungsflächen zurückziehende Wild wird bejagt. Abschließend drücken die untersten Schützen die Einstände hangaufwärts durch. Mit einer überschaubaren Anzahl an Jägern können so ansehnliche Strecken erzielt werden. Die Windsituation ist bei Gemeinschaftsansitzen unbedingt mit zu berücksichtigen, zudem darf diese Jagdform nicht zu häufig gewählt werden, da sich Rotwild, wie bereits erwähnt, bezüglich negativer Erlebnisse äußerst sensibel und nachtragend verhält. Planungsfehler (Stände nicht vorbereitet, ungeübte Schützen, unkoordinierte Anfahrt etc.) oder ungeeignete Witterung sowie unvorsichtiges Anstellen können den Erfolg von Gemeinschaftsansitzen stark schmälern oder gar zur Frustration führen. Abends wird oft der Fehler begangen, dass Sitze zu früh bezogen werden, wenn der Wind noch nicht stabil talwärts zieht. Nicht nur deshalb sind – wie beim Einzelansitz – jagdliche Eingriffe am Morgen günstiger als am Abend. Es gibt aber auch Revierteile, in denen die professionelle Einzeljagd durchaus erfolgversprechender sein kann. Erfahrungsgemäß lassen sich Gemeinschaftsansitze auf Rotwild auch nicht Wochen oder Monate vorher terminlich festsetzen. Flexible Planungen je nach Witterung und Wildbestand sind gefragt.

Das oberste Ziel nach jeder Reduktionsphase sollte es sein, noch vertrautes Wild mit einer guten Struktur im Revier zu haben. Jeder Rotwildspezialist hat unterschiedliche Strategien, um diese zu erreichen. Jedes Revier hat andere Voraussetzungen (Jäger, Gelände, Erschließung, Größe usw.) und wird unterschiedliche, teils gegensätzliche Ansätze entwickeln, um zum gleichen Erfolg zu kommen. Notwendig sind jedenfalls Einfühlungsvermögen für Rotwild sowie ein mehrjähriges Durchhaltevermögen und nicht nur blindes Vertrauen auf die Technik.

Aus dem Inhalt:

• Gründe für Rotwildregulierung bzw. -reduktion
 • Störung des Rotwildes, Jagddruck, „unsichtbares“ Rotwild 
• Über die Sinneswelt des Rotwildes 
• Äsungsverhalten und Verdauung des Rotwildes und Rotwildfütterung 
• Rotwild als Schädling und Seuchenreservoir? • „Schadauslöser“ im Wald und Grünland 
• Zur Praxis der Erfassung von Rotwildbeständen 
• Abschussplanung und Abschussszenarien – weniger ist oft mehr! 
• Wildbretgewichte sollen uns interessieren • Altersschätzung und -bestimmung beim Rotwild 
• Rotwildreduktion braucht Wahlabschuss • Bejagungsstrategien und Jagderfolg 
• Wildstandsregulierung im Großrevier und in der Gemeindejagd • Auflassung von Fütterungen 
• Arten von Bewegungsjagden, Grenzen von Stöberjagden im Alpenraum 
• Zukunftssicherung für die Jagd auf Rotwild