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„The Glorious Twelfth“ – so wird in Großbritannien umgangssprachlich der offizielle Beginn der Niederwildjagd auf Moorhühner am 12. August jedes Jahres bezeichnet. Mit diesem Tag kommt es zu einem großen Ansturm von Flintenschützen und Hundeführern. Viele britische Restaurants setzen ab dem „Glorious Twelfth“ Moorhühner auf ihre Speisekarten und so manche Restaurants in London wetteifern darum, wer den ersten frischen Vogel der Saison anbieten kann. Schlagzeilen wie „First grouse of the season is rushed to London in hours for a glorious lunch“ sind keine Seltenheit. Und in typisch britischer Manier wird auf solche Besonderheiten dann auch noch gewettet.
Bransdale – eines der zehn besten Grouse-Reviere

Man hat über die Sommermonate mit Trainern an seinen Fähigkeiten mit der Flinte gearbeitet, mit seinem Hund im Vorfeld intensiver trainiert und das eine oder andere neue und meist auch edle Ausrüstungsstück erworben. Dieser Tag ist im Kalender rot angestrichen und wer hierher eingeladen wird, gehört zu den wenigen Glücklichen – der Heilige Gral für Niederwildjäger. Eine hohe Wilddichte aus Naturbestand, eine atemberaubende Hochlandschaft und perfekte Betreuung – was könnte besser sein? Der Headkeeper und seine 60-köpfige Mannschaft sind ohne Zweifel die Allerbesten auf diesem Gebiet. Unermüdlich wird das ganze Jahr an der Erhaltung und Pflege des Bestands gearbeitet. Denn die Moorhühner erfordern ein Wildmanagement der besonderen Art. Im Unterschied zu Fasan und Rebhuhn gedeiht dieses Moorhuhn ausschließlich in dieser Heidelandschaft. Daher ist es über die Sommermonate notwendig, das Biotop entsprechend zu pflegen. Die gut 7.000 Hektar Hochmoor müssen entsprechend bewirtschaftet werden. Diese intensive Pflege erfordert auch einen gezielten Abbrand (ca. 10 Prozent) der Heidelandschaft, sodass im Frühjahr neues Heidekraut nachwächst. Die Jungpflanzen bilden die Hauptnahrung für die Moorhühner und der alte Bestand dieser Bodendecker bietet einen wertvollen Schutz und die Möglichkeit für ungestörten Nestbau im Frühjahr. 

Bransdale liegt im Norden des pittoresken Ortes Helmsley. Mit seinen rund 1.500 Einwohnern rund um die Burgruine Helmsley Castle stellt er genau jenes Bild dar, das uns die eine oder andere Sendung im Hauptabendprogramm verschiedener Fernsehsender vermittelt. Enge Gassen, Steinbauten, winzige Läden – einfach, lieblich und übersichtlich. Ausgesprochen fußläufig ist die recht übersichtliche Zahl an Hotels, Restaurants und Pubs verteilt und man fühlt sich Jahrzehnte zurückversetzt, wenn man einen Blick durch die Scheiben des Feinkost- oder Bonbonladens wirft. Eine wunderbare Zeitreise! 

Abseits der Tourismusmonate findet sich hier ein ganz spezielles Publikum ein. Es sind die Niederwildjäger, Hundeführer und Saisonarbeitskräfte, die das Unternehmen Niederwildjagd am Laufen halten. 
Abbildung 3: Butts ODER At the Butt INFOBOX: Butt: Steingeschichteter, u-förmiger Schießstand, der außen mit Moos verkleidet ist und sich perfekt in die Landschaft einfügt. Welcher Schütze welchen Butt besetzt, wird vor jedem Trieb neu ausgelost – auch das ist gelebte Tradition und Sportlichkeit. 
Die elitären Gäste sind auf dem Anwesen inmitten des Reviers untergebracht. Aber alle anderen Jagdtouristen flanieren durch die Gassen von Helmsley. Die spezielle Jagd auf Niederwild birgt auch nette Geschichten hinter den Kulissen des üblichen Jagdbetriebs, die man am Kontinent in dieser Art kaum kennt. Es gibt eine klassische Rollenverteilung am Estate. Zum einen sind es die in den traditionellen Tweed-Farben der Region gekleideten fixen Bediensteten, die ganzjährig das Heidekraut bewirtschaften, die unzähligen Butts im Moor pflegen und den Fuchsbestand niedrig halten. 

Zum anderen sind es die traditionellen Rollen wie Loader oder die vielen notwendigen Beater, die den ganzen Tag über weite Strecken die Vögel auf die Schützen zutreiben. Dabei handelt es sich um Generationen von Leuten, die schon von klein auf genau diese oder jene Aufgabe erfüllt und sich damit ihr Taschengeld aufgebessert haben. Als Erwachsene sind das dann häufig Personen in oft sehr elitären Berufen in London, die aber immer noch jedes Jahr für einige Tage ihre langjährige Rolle an solchen Jagdtagen einnehmen, Seite an Seite mit guten Freunden aus ihrer Kindheit und Jugend. 

Wenn man dann in den Pausen zusammen im Heidekraut liegt, wird die eine oder andere Geschichte zu besonderen Jagden und ihren teilweise extrem elitären Gästen erzählt. Sie alle zusammen bilden jenen unerlässlichen Wirtschaftsfaktor, der in dieser wirtschaftlich eher benachteiligten Region alle daran teilhaben lässt – seien es Beherbergungsbetriebe, Jagdläden, Waffenmeister, Tierärzte, Stick Maker, Kfz-Werkstätten oder der Lebensmittelhandel. 

Jagd ohne Hunde – unmöglich

Diese Art von Bewuchs kennt man am Kontinent eher selten. Denn das Heidekraut ist hier wirklich flächendeckend. Es ähnelt unseren Erika-Pflanzen im alpinen Gelände, ist aber kniehoch und eher holzig. Wenn in diese Deckung ein geschossener Vogel fällt, ist man mit der menschlichen Suche sofort an seinen Grenzen angelangt. Ohne Hund würde man so gut wie keinen Vogel auf der Strecke liegen haben, denn zumeist fällt dieser tief in den Bewuchs. 

Die klassischen Hunderassen hierfür sind Retriever und Spaniel, die diesen anstrengenden Job über Tage perfekt erfüllen. Auch die Hundeführer sind „Saisonkräfte“, die sich zum Teil mit einem ganzen Rudel von Hunden über die Wintermonate ein recht gutes Zubrot verdienen. Und sie haben meist auch noch andere Hunde wie zum Beispiel Vorsteher dabei – in einer ausgesprochen breiten Altersverteilung. Es sind nicht nur Wettkampfhunde aus den Niederwildprüfungen, aber es sind allesamt Hunde mit guter Nase und einer großen und selbstständigen Apportierfreude. Wenn man dann einmal mehr als sechs Hunde in seinem Team hat, kann man die Hunde nur noch frei suchen lassen und ist voll mit dem Abnehmen und neuerlichen Senden zur Suche beschäftigt. Die Vögel sind wertvoll und müssen unbedingt weitgehend unversehrt und küchengerecht in den nahen Kühlwagen – denn bei einem Preis jenseits der 100 Pfund zählt jeder Vogel, der gefunden und sauber apportiert wird. 

Streife vs. Trieb

Grundsätzlich erfolgt die klassische Niederwildjagd in einer Streife. Das bedeutet, die Spaniels durchkämmen vor den Schützen in einem Abstand von 10–15 Metern den Bewuchs. Durch diese schnellen Hunde ist selbst der lauffreudige Fasan gezwungen, sofort in die Luft zu gehen. Sobald der Spaniel das Niederwild aus der Deckung gedrückt hat, stoppt dieser, um dem Schützen ausreichend sicheren Spielraum für den Schuss zu bieten. Nach einem Treffer wird aus der Line ein Retriever zum Apport des Wildes gesendet. Das Rassenmerkmal dieser Hunde ist die Einhaltung einer geraden Linie zur Fallstelle und retour, ohne das noch unberührte Gelände unnötig zu beunruhigen. Nach erfolgtem Apport wird der Spaniel wieder zum weiteren Stöbern freigegeben. Teamwork auf höchstem Niveau – frei und ohne Leine, den ganzen Tag über. 

Beide Rassen sind untereinander sehr gut verträglich und sind Spezialisten auf ihrem Gebiet. Anders als am Kontinent ist es speziell die Aufgabe des Spaniels, lautlos und knapp unter der Flinte das Wild aus der Deckung zu drücken, aber nicht zu hetzen. 

Bei der klassischen Grouse-Jagd hingegen sind die Schützen in einer Linie auf den befestigten Standplätzen, mit einem Loader an ihrer Seite. Aus einer großen Entfernung treiben dann Helfer mit Flaggen vorerst langsam die Vögel in Richtung der Butts. In den traditionellen Revieren wie Bransdale sind dann in den entsprechenden Entfernungen weit sichtbare Steinmännchen als Orientierungspunkte vorhanden. Denn wenn die Ablaufpunkte erreicht sind, wird durch das Knallen der Flaggen der Vogel zum Start animiert und auf die Linie der Schützen zugetrieben. Den Schützen wird am Stand durch seitliche Begrenzer nur ein gerader Sektor nach vorne und hinten ermöglicht. Ein Durchschwingen und damit die Gefährdung des Nachbarn kann so ausgeschlossen werden, wobei nur der Ansatz einer Schussabgabe in den Einflugbereich des Nachbarn schon allein durch die britische Sportlichkeit ausgeschlossen ist.

Zusammenfassung

Die Premium-Reviere wie Bransdale sind faszinierend und die Werbung für Jagdreisen liefert uns nur solche Bilder. Man muss sich in der Oberliga der Niederwildjagd jedoch bewusst sein, dass der monetäre Einsatz so manches Budget sprengen wird. Die Jagd auf Grouse gehört zu den Klassikern für Liebhaber der Flintenjagd. Abseits des Mainstreams gibt es jedoch auch Reviere, die keine schwindelerregende Pauschale für den Grouse-Tag verlangen. Denn man muss sich auch bewusst sein, dass man auf diese Vögel ein überdurchschnittliches Können mit der Flinte aufweisen muss. Man kann in kleineren Revieren nach der tatsächlichen Anzahl der Pärchen an Grouse (das ist die übliche Einheit) verrechnen und so auf eine etwas preiswertere Art in diese Welt hineinschnuppern. 

Wer diese Art der Jagd eventuell mit seinem eigenen Apporttierhund ausüben möchte, dem sind die vielen kleinen Jagden ans Herz gelegt, bei denen man mit der Flinte und seinem Hund am Bein sehr genussvoll über die Felder mit ihren Steinmauern streift – mit viel weniger Schussleistung, aber doch einem unvergleichlichen Wildbestand. Und mit jenen speziellen Momenten, bei denen jedem Hundeführer das Herz höherschlägt. Wenn der eigene Hund den selbst geschossenen Vogel apportiert, ist so manche prachtvolle Strecke von hunderten Vögeln hintangestellt. 
Mag. Roland ZÖRER, MBA Jäger, Fotograf und tierschutzqualifizierter Hundetrainer, der jedes Jahr mit seinen Labrador Retrievern und Working Springer Spaniels die Arbeit auf Niederwild in Großbritannien auslebt.