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Im vergangenen Mai machte ein besonders haariger Verkehrsunfall Schlagzeilen in der österreichischen Presse: Auf der Bahnstrecke zwischen Lend und Schwarzach im Pongau war ein Braunbär von einem durchrauschenden Frühzug erfasst worden. Wilde Spekulationen und Gerüchte ließen nicht lange auf sich warten. Waren eigentlich Jäger für das Ableben des jungen Männchens verantwortlich? Wurde der 111 Kilogramm schwere Kadaver nur zu Vertuschungszwecken auf den Gleisen platziert? Zum Leidwesen aller Hobbydetektive erbrachte die am Forschungsinstitut für Wildtierkunde in Wien durchgeführte Obduktion jedoch den eindeutigen Beweis, dass Meister Petz durch den Zusammenprall mit einem Zug getötet worden war. Die Tatsache wiederum, dass manche Zeitgenossen das Ableben des Bären eher missgünstigen Weidleuten als der blitzartigen Bekanntschaft mit einer Elektrolokomotive von 86 Tonnen Dienstmasse und einer Höchstgeschwindigkeit von 230 Kilometern pro Stunde zuschrieben, spricht Bände über das Ansehen der Jagd in gewissen Teilen der Gesellschaft. Abseits abstruser Behauptungen veranschaulicht die Causa Bahnbär jedoch geradezu mustergültig das Spannungsfeld rund um den Platz von Wildtieren in der modernen Welt. Um unseren diesbezüglichen Pflichten gegenüber der Natur nachkommen zu können und nicht ins gesellschaftliche Hintertreffen zu geraten, müssen wir Jäger uns immer wieder mit der Ethik unseres Handelns auseinandersetzen. 

Philosophische Grundbegriffe 
Bevor auf konkrete Argumente und Vorstellungen der Weidgerechtigkeit eingegangen wird, sollten am besten vorher noch einige begriffliche Aspekte geklärt werden. Wenn von Ethik die Rede ist, geht es immer um die Frage, was als gut und somit erlaubt eingestuft wird und was nicht. Da unter dem Überbegriff „Jagd“ konkret durchgeführte Tätigkeiten zusammengefasst werden, handelt es sich hier um einen Zweig der angewandten Ethik. Im Unterschied zu rein theoretischen Überlegungen befasst sich dieser Teilbereich der Moralphilosophie mit Umständen und Problemen, welche sich aus der praktischen Ausübung einer Disziplin ergeben. Die Bewertung einer Handlungsweise kann in diesem Rahmen mit dem Hauptfokus auf verschiedene Gesichtspunkte wie etwa die dahintersteckende Absicht vorgenommen werden, welche oftmals zu grundverschiedenen Ergebnissen der moralischen Überlegungen führen können. Wenn die Folgen einer Aktion als ausschlaggebend betrachtet werden, spricht man vom sogenannten „Konsequentialismus“. Wer sich beispielsweise beim Abschuss eines älteren Tiers Sorgen um die Folgen für die Sozialstruktur im restlichen Rudel macht, denkt konsequentialistisch. Überspitzt kommt diese Geisteshaltung im Spruch „Der Zweck heiligt die Mittel“ zum Ausdruck. Im Gegensatz dazu steht beim „Deontologismus“ nicht das Ergebnis einer Handlung im Mittelpunkt, sondern die Frage, ob diese grundsätzlich erlaubt sein soll oder nicht. Ein Diebstahl wird hier weniger nach dem Wert des entwendeten Gutes bewertet, sondern vielmehr als per se für die Gesellschaft schlechtes Verhalten abgelehnt. Der Name jener Denkart leitet sich nicht von ungefähr vom altgriechischen Wort déon für „Pflicht“ ab. Bei der Gesinnungsethik wird die hinter einer Handlung steckende Absicht in den Fokus genommen. Sie kann mit dem Satz „Der Wille zählt fürs Werk“ zusammengefasst werden. Jede Betrachtungsweise hat ihre Stärken und Schwächen, weshalb im Umgang mit der Welt und ihren vielen moralischen Graubereichen oftmals eine Mischung verschiedener Ansätze nötig wird.
System Natur 
 In seinem Buch „Wie wir jagen wollen“ legt Markus Moling ein überzeugendes moralisches Grundgerüst für eine moderne Ausübung der Jagd dar. Der Professor für Philosophie an der Theologischen Hochschule Brixen und begeisterte Wildbeobachter führt zunächst ins Feld, dass es sich beim Weidwerk um eine Form der Umweltnutzung handelt, weshalb unser Naturbegriff über entscheidende Bedeutung für die Jagdethik verfügt. Früher wurde der Mensch als Herr über seine Umwelt und die Natur als bloße Ressourcenspenderin wahrgenommen. Eine Haltung, welche heute zu Recht in ihrer anthropozentrischen Einseitigkeit kritisiert wird (siehe auch: „Mutter Natur zieht vor Gericht“, Jagern NR 2/2022, S. 22-24). Trotz aller Fehler in Vergangenheit und Gegenwart darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass unser aller Leben erst durch massive Eingriffe in die Umwelt in Form der Landwirtschaft ermöglicht wird. Eine idealisierte Vorstellung von der unberührten Natur, die den Menschen nicht als Teil ihrer selbst, sondern als reinen Störenfried wahrnimmt, ist somit ebenso irreführend wie das Konzept von der absoluten Naturkontrolle. Da wir mit zu der bunten Vielfalt an Spezies auf dem Planeten Erde gehören, darf und muss es auch zu einer menschlichen Nutzung der Umwelt kommen. Allein aus dem Anrecht auf Interessensverwirklichung ergibt sich aber noch keine vollständige Legitimation des Weidwerks. Hier gilt es zu bedenken, dass der Einfluss durch Jägerinnen und Jäger auf die Natur nicht zwangsläufig schädlich sein muss, sondern vielmehr positive Auswirkungen auf Bereiche wie die Artenvielfalt haben kann. Die modernen Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse des Menschen begünstigen gewisse Wildtiere, während anderen ein großer Nachteil entsteht. Auf die Jagd zu verzichten, würde hier bedeuten, ein wichtiges Instrument für die Erhaltung von Ökosystemen wegzugeben. In diesem Kontext haben die ökologischen Kreisläufe keinen Wert aus sich selbst heraus, da eine solche Bedeutung nur über letztlich vom Menschen willkürlich festgelegte Maßstäbe wie Unberührtheit oder Ästhetik zustande käme. Die Wichtigkeit intakter Ökosysteme ergibt sich vielmehr aus deren unabdingbaren Beitrag zum Wohlergehen der darin befindlichen Lebewesen. Deontologisch gesehen, haben Jäger aufgrund ihrer speziellen Kenntnisse und Möglichkeiten das Recht und sogar die Pflicht, die Natur mitzugestalten. Hierbei muss aber darauf geachtet werden, dass solche Eingriffe auf lange Sicht mehr positive als negative Konsequenzen zeitigen. Dem Stichwort der Nachhaltigkeit kommt hier entscheidende Bedeutung zu.
Moralische Verantwortung 
Abseits seiner Stellung im natürlichen Kreislauf kommt jedem Stück Wild schon auch eine individuelle moralische Bedeutung zu, welche sich aus dessen Schmerzempfinden ergibt. Da die allermeisten Tiere nicht über die Ansätze eines Selbstbewusstseins verfügen, können sie auch nicht über ihr Verhalten nachdenken, was eine moralische Bewertung ihrer Aktionen verunmöglicht. Über ihre Rolle als potenzielle Leidtragende menschlichen Handelns bekommen Tiere jedoch einen Status ethischer Relevanz, welcher mit dem Schlagwort des „moralischen Patienten“ betitelt wird. Wenn wir uns als Jäger zum Schuss entschließen, haben wir gegenüber diesen unseren Patienten die besondere Verantwortung, ihr Ableben möglichst schmerzfrei zu gestalten. Als vernunftbegabte Wesen dürfen wir Wild erlegen und als Nahrungsmittel verwerten, doch mit dem Nutzungsrecht geht ebenso eine Pflicht zur Selbstkontrolle einher. Diese Sichtweise auf das Verhältnis zwischen Mensch und Natur kann als moderater Anthropozentrismus bezeichnet werden, da der Homo Sapiens zwar nach wie vor eine entscheidende Rolle spielt, sich dabei aber nicht wie ein tyrannischer Ausbeuter, sondern vielmehr gleich einem vorausschauenden Verwalter benehmen muss. Leidverminderung und Nachhaltigkeit stellen da zwei fundamentale Säulen der Weidgerechtigkeit dar, ohne die unser Handeln als Jäger nicht nur schwer rechtfertigbar, sondern letztlich auch mit einem äußerst schalen Beigeschmack versehen wäre. Schon Aristoteles sprach eben davon, wie wahrhaft moralisches Handeln letztendlich zu Freude führt. 
 Fazit 
 Überall, wo der Mensch die Natur für seine Zwecke nützt, kann es zu Missbrauch und Raubbau kommen, die Jagd stellt da leider keine Ausnahme dar. Doch wo Schatten ist, muss auch Licht sein. Gerade dieses Nutzungsinteresse kann, vorausgesetzt es wird in die richtigen Bahnen gelenkt, wesentliche positive Auswirkungen zeitigen. Nicht ohne Grund findet man seit jeher zahlreiche Jäger unter den vielleicht nicht lautesten, doch sicher effektivsten Vorkämpfern für Artenschutz und Naturbewahrung. Etwa am Beispiel des Auerwildes wird besonders deutlich, wie weidmännische Interessen wesentlich zur Erhaltung einzigartiger Biotope und seltener Arten aktiv beitragen. Es ist eben nicht die Frage, OB der Mensch die Natur nutzen sollte, sondern vielmehr WIE dies geschieht. Unser Tun und Lassen sollte dabei stets vom hohen Maßstab der Weidgerechtigkeit geleitet werden, wobei wir uns nicht vom Rest der Gesellschaft abschotten, sondern aktiv und höflich auch auf Kritiker zugehen sollten. Öffentlichkeitsarbeit kann nämlich ebenso als eine Investition in die Zukunft dieses wunderbaren und archaischen Handwerks gesehen werden 
(Leseempfehlung) Markus Moling: Wie wir jagen wollen. Ethische Überlegungen im Umgang mit Wildtieren, Athesia Verlag 2020