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Seit dem Beginn seiner Existenz steht der Homo sapiens in einem regen Wechselverhältnis zu anderen Säugetierarten. Was mit einem vergleichsweise einfachen Jäger-Beute-Schema begonnen hat, wurde mit dem zivilisatorischen Fortschritt der Menschheit zunehmend komplizierter und das Ausmaß unserer Eingriffe in die Natur erweiterte sich in vielen Regionen fast stetig, was dort zur Verdrängung von so mancher Spezies führte. Ein kurzer Blick auf die Rote Liste der Weltnaturschutzunion zeigt, dass diese ökologisch problematische Dynamik nach wie vor vielerorts wirksam ist. Demgegenüber existieren aber auch Bemühungen zur Wiederbelebung regionaler Wildtierpopulationen, unter anderem direkt vor unsrer Haustür. Im Folgenden soll es mit dem Verschwinden und der Rückkehr von Steinbock, Wolf und Wisent um genau diese mitunter nicht unproblematische Thematik gehen.

Der Steinbock – vom Wundermittel zum Prestigeobjekt

Der Steinbock bietet einen guten Einstieg in unser Thema, da sich anhand seines Schicksals die zwei Seiten der Medaille des direkten menschlichen Eingreifens in die Wildtierökologie zeigen lassen. Capra ibex – so der lateinische Name der in den Alpen vorkommenden Ziegenartigen – war schon vor Jahrtausenden eine beliebte Jagdbeute unserer Vorfahren. Im Magen von Ötzi, der kupferzeitlichen Mumie vom Südtiroler Tisenjoch, wurde beispielsweise eine beträchtliche Menge an Steinbockfleisch gefunden. Im Laufe der Geschichte wuchs die Bedeutung des Steinwildes über jene einer reinen Proteinquelle weit hinaus, denn in Mittelalter und Früher Neuzeit galten beinah jegliche seiner Körperbestandteile als hochwirksame Heilmittel. Insbesondere mit den Bezoarkugeln und dem Herzkreuz ließen sich hohe Gewinne erzielen, doch auch die Losung von Steinböcken wurde als Medizin vermarktet. Mancher Fürst ließ sich sogar Exemplare der Hochgebirgsbewohner für seinen privaten Tierpark einfangen. Der Salzburger Erzbischof Markus Sittikus sorgte 1617 sogar dafür, dass sein neuer gehörnter Nachbar in Hellbrunn auf einem Ölgemälde verewigt wurde. Dies erwies sich schnell als sehr vorausschauende Entscheidung, da der Bock relativ bald nach seinem unfreiwilligen Umzug verendete. Angeblich habe er die Hitze nicht vertragen. Die hohe Nachfrage in den Apotheken sowie das Aufkommen verbesserter Feuerwaffen resultierten Mitte des 19. Jahrhunderts in der völligen Ausrottung der Wildart in beinah allen Gegenden der Alpen. Vielerorts waren die Bestände aber schon wesentlich früher erloschen. Auf dem Gebiet des Schweizer Gotteshausbundes im heutigen Kanton Graubünden etwa fand sich bereits gegen 1650 kein einziger Steinbock mehr, obwohl ein solcher bis heute auf dem dortigen Wappen prangt. Lediglich in der Umgebung des Gran Paradiso im Piemont konnte sich eine ungefähr 100 Stück umfassende Steinwildpopulation halten. Glücklicherweise hatten die zuständigen Behörden auf private Initiative hin schon 1820 ein Jagdverbot erlassen. Ein Jahr später wurde die selten gewordene Wildgattung gänzlich unter den Schutz des in Nordwestitalien und Sardinien herrschenden Königshauses von Savoyen gestellt. Der Gran Paradiso selbst wurde 1856 von Viktor Emanuel II. zu seinem persönlichen Jagrevier erklärt, was mit der Einstellung einer beträchtlichen Zahl an Wildhütern und somit einer handfesten Aufwertung der Schutzbemühungen verbunden war. Die Steinwildhege unter der Ägide des piemontesischen Monarchen, welcher 1861 zum ersten Oberhaupt des Königreichs Italien werden sollte, legte den Grundstein für ein Wiederaufblühen der Bestände im gesamten Alpenraum. Bis dahin war es aber noch ein weiter Weg, denn das Haus Savoyen wachte eifersüchtig über seine einzigartigen Wildbestände. Kurz vor der Jahrhundertwende wurde von der Schweiz aus mehrfach um die Erlaubnis zur Entnahme von Steinwild zu Wiederansiedlungszwecken gebeten, was jedoch stets von höchster königlicher Stelle verwehrt wurde. Die enttäuschten Eidgenossen ließen sich hiervon aber nicht entmutigen und griffen zur Selbsthilfe. Von 1906 an wurden einige heimlich eingefangene Böcke und Geißen ins Land geschmuggelt, was eine Zucht im Wildpark Peter und Paul nahe St. Gallen ermöglichte. Ein erster Versuch zur Aussetzung 1911 schlug zwar noch fehl, doch ab 1920 konnte das Steinwild wieder Fuß in den Graubündner Bergen fassen. In Österreich waren gleich gelagerte Bemühungen ab 1924 und in Deutschland ab den 30ern mit Erfolg gekrönt. Heute gilt der Alpensteinbock mit einer Gesamtpopulation von circa 45.000 Tieren (Stand 2011) nicht mehr als bedroht. Der Großteil der Bestände findet sich nach wie vor in italienischen und schweizerischen Revieren. Österreich schafft es immerhin auf an die 4.500 Stück.

 

Der Wolf – umstrittener Räuber

Während sich wohl Jäger und Tierschützer gleichermaßen über die Rückkehr des Steinwildes freuen können, erhitzt keine regionale Wildart so sehr die Gemüter wie der Wolf. Angesichts der teils sehr emotional geführten Kontroverse soll hier der kurze Versuch unternommen werden, sich der Causa ganz grundsätzlich und vor allem nicht in eine festgelegte Richtung argumentierend zu widmen. Der Wolf gehört zur Familie der Hunde, in der sich neben diversen Fuchs- und Kojotenarten eben auch dessen domestizierte Abkömmlinge finden. In den Jahrtausenden an der Seite des Menschen haben sich die verschiedenen Hunderassen zumindest von ihrem Äußeren her größtenteils stark von ihrem genetischen Ursprung entfernt, wobei jedoch grundsätzlich noch genug Übereinstimmung in beider Erbgut vorhanden ist, um eine Vermischung zwischen Hund und Wolf zu ermöglichen. Tatsächlich treten solche Hybridisierungen immer häufiger auf. Am schwächsten ausgeprägt ist diese Tendenz in Regionen wie Skandinavien oder dem Hochland von Tibet, wo es relativ wenige Kontaktmöglichkeiten zwischen den verwandten Vierbeinern geben dürfte. Ein Zusammentreffen mit Isegrim kann für einen Haushund aber auch schnell tödlich ausgehen, da Ersterer seinen domestizierten Verwandten nicht selten als Eindringling oder schlichtweg als Beute sieht. Manche Wolfspopulationen scheinen regelrecht auf diese Form der Nahrungsbeschaffung angewiesen zu sein. In Kroatien werden beispielsweise jährlich mehr Hunde als Schafe von Wölfen gerissen und in Russland existieren Hinweise, dass die Zahl der Streuner regelmäßig von hungrigen Wolfsrudeln dezimiert wird.

Vermutlich bereits seit seiner Sesshaftwerdung und dem Anbeginn der Nutzviehhaltung sah der Mensch den Wolf als bedrohlichen Schädling, da dieser durch seine Angriffe auf Herden den Wohlstand beziehungsweise die Lebensgrundlage ihrer Besitzer schmälerte. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass dem Raubtier über Jahrhunderte hinweg nachgestellt wurde. So wird etwa die Nutzung der Wolfsangel bereits in einem Anweisungskatalog Karls des Großen bezüglich der Bewirtschaftung seiner Landgüter erwähnt. Wie der Name schon nahelegt, bestand eine Wolfsangel aus an einer Kette befestigten Widerhaken, welche mit einem Köder versehen wurden und sich im Maul des Raubtieres verfangen sollten. Andere Jagdmöglichkeiten bestanden in der Anlage von Zäunen oder Wolfsgruben und dem Einsatz von Treibern und Netzen. Vergiftete oder mit Nadeln bestückte Köder wurden ebenso benutzt. Mittels solcher Methoden wurde in Europa seit dem 15. Jahrhundert systematisch versucht, den Wolf auszurotten, was zumindest im Westen des Kontinents auch flächendeckend gelang. Im heutigen Österreich beispielsweise wurde der letzte Wolf im Jahr 1882 in der Steiermark erlegt. Mittlerweile hat die rechtliche Situation sozusagen eine Wende um 180 Grad erfahren, da die Staaten Mitteleuropas ihre Bürger nicht mehr zur Bekämpfung Isegrims, sondern vielmehr zu dessen Schutz anhalten. Rechtliche Grundlage für die strengen Schutzbestimmungen bilden die Berner Konvention und vor allem die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU. Seit dem Millenniumswechsel steigen die Wolfszahlen in Ländern wie Deutschland und Österreich wieder erheblich. 2021 hielt der WWF fest, dass sich allein auf dem Gebiet der Bundesrepublik 158 Rudel, 27 Paare sowie 19 Einzelgänger mit festem Revier befanden. Durch die österreichischen Wälder streifen derzeit anscheinend 45 Exemplare. Der Anteil der Alpenrepublik an der europäischen Gesamtpopulation von 15.000 bis 18.000 Tieren fällt aber im Vergleich eher bescheiden aus.

 

Der Wisent – urwüchsiges Waldrind

Auch der Wisent wäre durch menschliches Zutun fast vom Angesicht der Erde verschwunden, erfreut sich aber seit längerer Zeit wieder wachsender Bestandszahlen. Diese nah mit dem amerikanischen Bison verwandte Rinderart war einst von Nordspanien bis in die Mongolei hinein verbreitet. Die fortschreitende Urbarmachung der Wälder durch den sesshaft gewordenen Menschen sorgte vor 6.000 Jahren für eine Reduktion des Lebensraumes der Wisente. Diese Dynamik setzte sich fort, sodass diese urtümlich wirkende Rinderart im heutigen Deutschland beispielsweise zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert verschwand. Natürlich spielte auch der Jagddruck eine nicht unwesentliche Rolle. In anderen europäischen Gegenden verlief die Entwicklung gleich, nur im Urwald von Białowieża im polnisch-weißrussischen Grenzgebiet konnten sich einige Herden bis ins 20. Jahrhundert halten. Ähnlich wie am Gran Paradiso hatte auch hier der Status als königliches Jagdgebiet früh zu wirksamen Schutzmaßnahmen geführt. Bei den Hofjagden der polnischen Könige kamen zwar beachtliche Strecken zustande, doch wurde immerhin darauf geachtet, den lokalen Wisentbestand nicht auszurotten. Im Rahmen der insgesamt drei Polnischen Teilungen zwischen 1772 und 1795 geriet der Landstrich dann unter russische Herrschaft. Auch die neuen Machthaber hatten Interesse an der Erhaltung des seltenen Urrindes und so konnten sich die lokalen Bestände trotz der Dezimierung durch Seuchen zumindest in Resten halten. Die bis dato von den Wildhütern des Zaren beschützten Tiere fielen jedoch gegen Ende des Ersten Weltkriegs Wilderern und marodierenden Soldaten zum Opfer, was zum Verlöschen der lokalen Population gegen 1919 führte. Andernorts sah die Situation nicht viel besser aus – der letzte weltweit bekannte frei lebende Wisent wurde 1927 im Kaukasus erlegt. Glücklicherweise starb die Art nicht völlig aus, da man einige Exemplare in Gefangenschaft hielt. Sämtliche heute lebenden Wisente gehen auf zwölf dieser in Gehegen aufgewachsenen Stammelter zurück, was für eine sehr eingeschränkte und somit für den Fortbestand der Art bedenkliche genetische Variabilität sorgt. Nichtsdestoweniger gelang es, die Hornträger erneut in Osteuropa anzusiedeln, unter anderem wieder in der Gegend von Białowieża und in der Sperrzone rund um das havarierte Atomkraftwerk in Tschernobyl. Seit einiger Zeit werden in ukrainischen, russischen, polnischen und belarussischen Revieren sogar wieder Abschüsse vergeben, welche in der Regel der Entnahme von überalterten Stücken dienen. Interessierte Jäger müssen nicht nur über ein Kapital von mehreren Tausend Euro, sondern zusätzlich über eine gute Kondition verfügen, denn den scheuen Waldbewohnern darf nur mittels oft tagelanger Pirsch nachgestellt werden.

Kühe und Jungtiere leben in typischerweise zwölf bis 20 Stück umfassenden Herden zusammen. Die Bullen stoßen lediglich während der Paarungszeit dazu. In der freien Wildbahn bringt eine Kuh in der Regel alle zwei Jahre ein Kalb zur Welt. Aufgrund der besseren Futterbedingungen kalben in Gefangenschaft gehaltene Tiere häufig jährlich. Wie bereits erwähnt, sind Wisente auf Wälder in den gemäßigteren Klimazonen als Lebensraum angewiesen. Eine Zählung von 2019 ergab eine weltweite Gesamtzahl von 9.112 Stück, wobei 1.792 in Gehegen, 501 halbwild und 6.819 komplett eigenständig lebten. Der Verbreitungsschwerpunkt dieser speziellen Tierart liegt in Osteuropa, doch seit 2013 existiert auch in Deutschland wieder eine frei lebende Population. Im in Nordrhein-Westfalen gelegenen Rothaargebirge gelang es dem Verein „Wisent-Welt-Wittgenstein“, die archaisch wirkenden Rinder wiederanzusiedeln. Mehr über dieses erstaunliche Projekt erfährt man in unserem Interview.

 

Über die Jahrhunderte hinweg war der Umgang des Menschen mit der Natur häufig alles andere als pfleglich und auch heute noch haben Gedankenlosigkeit und Gier oft gravierende ökologische Konsequenzen. Als vernunftbegabte Wesen ist es unsere Pflicht, über unser Verhalten der Tierwelt gegenüber nachzudenken sowie Flora und Fauna rund um uns zu schützen. Jägerinnen und Jägern kommt in diesem Kontext eine ganz spezielle Rolle zu. Die Wiederkehr ausgestorbener Arten kann da zu einer Herausforderung werden, welche jedoch auch neue Chancen im Umgang mit Umwelt und Gesellschaft bieten kann.