Seit wann beschäftigt sich die Firma Swarovski Optik eigentlich mit Wärmebildtechnologie? Wie verlief die Entwicklung für Sie?
Swarovski Optik feiert dieses Jahr sein 75-jähriges Bestehen. Nachdem wir Premiumhersteller im klassischen optischen Markt sind, ist Wärmebildtechnologie (WB) zugegeben etwas relativ Neues. 2021 haben wir unser erstes eigenes Wärmebildgerät, das TM35, auf den Markt gebracht. Davor lag ein Entscheidungsprozess vor uns: Welche Technologie für das Sehen bei Nacht ist die zukunftsträchtigste? Da gab es ja drei optionale Wege: Restlichtverstärker, digitale Nachtsicht oder eben WB. Nachdem wir uns für Wärmebild entschieden hatten, ging es in die Konzeptphase: Was wollen wir unseren Kunden – dem Jäger – als Produkt anbieten? Die Weichen für diesen Zweig wurden schon vor einiger Zeit gestellt, woraufhin die Entwicklung bei uns hier in Absam (Hauptsitz von Swarovski Optik, Erg. d. Red.) vorangetrieben wurde. Wichtig war uns dabei, unseren alten Prinzipien treu zu bleiben. Das bedeutet höchste Qualität bei gleichzeitig einfacher Bedienung nach dem Prinzip „Plug and Play“, also aufstecken und loslegen. In der Summe ist es unser Ziel, dem Kunden ein sofort erkennbares sowie leistungsstarkes Gesamtpaket, abgestimmt auf die Jagd, anzubieten. Jetzt haben wir schon die zweite beziehungsweise dritte Generation von WB-Geräten erreicht, denn vor einigen Wochen kamen das TM35.2 und das TM35+ auf den Markt.
Welche Entwicklungen zeichnen sich für Sie in der Branche ab? Wo gibt es Schwierigkeiten? Wo Chancen?
Wärmebild hat ganz klar eine bestehende Rolle im optischen Bereich eingenommen und wird dies, sofern nicht eine neue Technologie aufkommt, auch weiterhin tun. Es ist aus meiner Sicht nicht mehr wegzudenken. Wärmebild ist gekommen, um zu bleiben. Da sich Swarovski Optik Innovation auf die Fahne geschrieben hat, wollen wir das Thema Wärmebild weiterverfolgen. Es ist natürlich so, dass sich in diesem Technologiebereich viele neue Hersteller auf dem Markt etabliert haben und über gute Produkte verfügen. Dem haben wir uns gestellt und werden das auch weiterhin tun, da wir eben auf 75 Jahre Erfahrung im Bereich (Jagd-)Optik zurückgreifen können. Wir wissen bei der Entwicklung um die Notwendigkeiten bei der Jagd, was weiterhin stets in unsere Arbeit einfließen wird.
Als große, international tätige Firma wird man wohl immer am Ball bleiben müssen?
Wir als global agierendes Unternehmen sehen unsere Verantwortung darin, eine Kombination aus innovativen Technologien und einem einfachen Bedienkonzept zu bieten, das für die entscheidenden Momente bei der Jagd zählt. Zudem gibt es rechtliche Rahmenbedingungen in den jeweiligen Jagdländern, die verkaufsseitig lokal zu berücksichtigen sind. Aber auf alles reagieren kann man nicht, da beispielsweise selbst in Österreich verschiedene gesetzliche Bestimmungen zur Nachtjagd gelten. Selbstverständlich schließen wir uns dem österreichischen und deutschen Markt im Besonderen und dem großen mitteleuropäischen im Allgemeinen besonders gern auf.
Die globale Vernetzung spielt ja gerade auf dem Feld der Spitzentechnologie eine immer wichtigere Rolle, wie wir etwa im Bereich der Elektromobilität sehen. Wo sehen Sie sich da als österreichische bzw. europäische Firma?
Ganz weit vorne! Wir haben 75 Jahre Erfahrung im Bau von Spitzenoptik. Das ist unser großer Vorteil! Viele unserer Mitarbeiter wissen, was der (europäische) Jäger braucht. Das war ein wesentlicher Aspekt für den Erfolg unserer Produkte wie Z8i, EL Range und ATC in der Vergangenheit und wird es auch für die Zukunft bei neuen Technologien wie Wärmebild bleiben. Unser neues TM35+ ist ein klarer Beweis dafür, dass auch wir schnell entwickeln und uns gleichzeitig weiterentwickeln können. Bei unserem TM35 – 2.0 – haben wir auch auf Nachhaltigkeit geachtet: Die Hauptkomponenten stammen nicht aus China, sondern aus verschiedenen westlichen Ländern, und die TM35-Reihe wird zur Gänze bei uns in Absam gefertigt. Wir sind eben ein weltweit agierendes Unternehmen, dessen Wurzeln aber weiterhin in Tirol liegen. Natürlich verschließen wir uns dabei nicht neuen Technologien, ganz im Gegenteil. Wir wollen der Innovationsführer bleiben. Ich darf Sie schon auf weitere Produkte gespannt machen!
Viele Firmen wie Haribo oder Siemens haben ihre Eigenjagden verkauft in den letzten Jahren. Ich schätze, eine solche Entwicklung käme bei Ihnen nicht in Frage?
Die Jagd ist zentral für Swarovski Optik. Wir machen global gesehen gut 75 % unseres Umsatzes mit der Jagd, weshalb diese einfach elementar für uns ist. Das Weidwerk hat sich natürlich in den letzten Jahrzehnten verändert und da wollen wir den modernen europäischen und letztendlich auch den amerikanischen Jäger bedienen. Gerade die USA machen einen signifikanten Teil unseres Absatzmarktes aus – wir sind da auch eine der wenigen europäischen Marken, die dort Fuß fassen konnten. Aufgrund seiner schieren Größe ist der US-Markt klarerweise für uns attraktiv, doch das Produktportfolio des Amerikaners ist oftmals ein anderes als das des Europäers. Die Beleuchtungsthematik ist auf der anderen Seite des Ozeans nicht so groß und auch die Schwarzwildproblematik spielt eine geringere Rolle. Leichte, günstige und unbeleuchtete Zielfernrohre waren dort bisher ein Dauerrenner. Auf der anderen Seite sind jedoch auch – je nach den Gesetzen im jeweiligen Bundesstaat – Zielfernrohre mit enormen Stellwegen für große und größte Distanzen gefragt.
Moderne Hilfsmittel erleichtern bekanntlich das Jagen mitunter enorm, können unter Umständen aber auch negative Einflüsse zeitigen. Wie würden Sie da das Verhältnis von Natur und Technik aus Ihrer Perspektive beschreiben?
Berechtigte Frage! Diesen Mix muss jeder Jäger für sich selbst entscheiden: Inwieweit er sich bei welcher Jagdart von der Technik unterstützen lassen möchte. In unserer heutigen Zeit ist Technik kaum aus einem Lebensbereich mehr wegzudenken. Sehr erfreulich ist die steigende Zahl an Jungjägern. Gerade die jüngere Generation ist der allgegenwärtigen Technik gegenüber sehr aufgeschlossen und wird trotzdem weiterhin tief mit der Natur verbunden bleiben. Sie werden in Zukunft verschiedenste Technologien – am Handy, an der Waffe und natürlich bei der Optik – nutzen. Auch beim traditionellen Handwerk Jagd.
Welchen Einfluss kann bzw. wird da die Wärmebildtechnologie auf die Jagd haben?
Um es kurz zu machen: Es kommt auch hier auf die Art der Verwendung an! Die Technologie macht das Wild sichtbarer, und das kann in zwei Richtungen gehen: Entweder man nutzt diesen Umstand, um es zu beobachten und/oder zu jagen, oder aber es wird darauf geachtet, das Wild bei der Jagd in seinem Lebensraum weniger zu stören. Aus meiner Sicht wird Wärmebildtechnologie so oder so auf jeden Fall zu einem Standard werden, es sei denn, es kommen wieder andere Technologien, die wir heute noch nicht kennen. Die elementaren Kenntnisse über die Lebensarten und das Verhalten unseres Wildes, dessen Rhythmus und Lebensraum – insbesondere im Winter – bleiben wichtig. Ebenso eine gesunde Portion Selbstbeherrschung bei der Jagd. Zusammen mit der faszinierenden Wärmebildtechnologie bleibt die Jagd ein faszinierendes Handwerk in der guten alten Natur.