



Seit der Mensch jagt, ist er mit Unfällen während der Jagd konfrontiert. Es ist keinem von uns zu wünschen, in eine Situation zu kommen, in der wir einem Jagdkameraden Erste Hilfe leisten müssen. Sollte aber der Fall eintreten, ist es wichtig, rasch die richtigen Handlungen zu setzen. Ist dies nicht der Fall, können die Folgen fatal sein. Umso wichtiger ist es, regelmäßig die Erste-Hilfe-Kenntnisse im Rahmen von Erste-Hilfe-Kursen aufzufrischen. Wenn wir von Jagdunfällen sprechen, denken wir sofort an Zwischenfälle mit Schusswaffen. Zum Glück stellen Schussverletzungen aber nur einen sehr kleinen Prozentsatz der Unfälle während der Jagd dar. Viel häufiger ereignen sich Unfälle und Verletzungen im Rahmen von Revierarbeiten.
Für schwere Jagdunfälle findet man im Wesentlichen drei Hauptursachen:
Der Hochstand - Häufig passieren Unfälle bei oder auf Hochständen. Etwa, weil die Leitern der Hochstände morsch sind und durchbrechen, weil der Jäger sich bei Auf- oder Abstieg versteigt oder weil gar der Hochstand selbst mitsamt dem Jäger einbricht. Als Unfallmechanismus liegt in diesem Fall ein Sturz aus großer Höhe vor.
Wild in Panik - Wenn der Jäger bei der Nachsuche von einem Wild in Panik angegriffen wird, oder wenn bei der Bergung oder Nachsuche eines erlegten Tieres etwas passiert, kommt es zu Verletzungen. Als Unfallmechanismus liegen in diesen Fällen einerseits Biss- und Stichverletzungen, andererseits Stürze vor.
Schusswaffen - Damit passieren vergleichsweise selten Jagdunfälle. Gefahr besteht hier insbesondere bei falscher Handhabung oder aufgrund von Abpraller.
Der Großteil der Jagdunfälle ereignet sich aber bei der Errichtung oder Instandhaltung der Reviereinrichtungen!
Ich möchte diese Artikelserie mit dem Thema „Versorgung von Wunden“ beginnen. Bevor wir uns mit Erster Hilfe bei Wunden beschäftigen, möchte ich ein paar Worte zum Thema „Verbandspäckchen“ verlieren.
Um Wunden im Revier versorgen zu können, benötigen wir ein Mindestmaß an Verbandsmaterialien. Da wir bei der Ausübung der Jagd alles, was wir benötigen, tragen müssen, versucht jeder so viel unnötigen Ballast wie möglich zu vermeiden. Dennoch sollten wir ein Minimum an Verbandsmaterial mit uns führen.
Unter einer Wunde versteht man eine Schädigung, Zerstörung oder Durchtrennung der Haut und des darunterliegenden Gewebes durch Gewalt, Hitze und Kälte oder auch durch chemische Stoffe. Damit wird die Schutzfunktion der Haut aufgehoben. Im Rahmen der Jagd gibt es unzählige mögliche Ursachen für die Entstehung von Wunden. Das Spektrum reicht von „kleinen Kratzern“, die wir uns an Sträuchern oder Dornen zuziehen, über Schnittwunden durch Messer, Stichwunden durch Keilerwaffen oder Geweihenden bis hin zu Schusswunden. Die Gefahren, die von Wunden ausgehen, sind einerseits durch den Blutverlust, andererseits durch Infektionen aufgrund von Verschmutzungen begründet. Je nach Art der Wunden können größere Blutgefäße sowie Nerven, Muskeln, Knochen und Organe mitverletzt sein. Bei jeder, auch bei einer „harmlos" erscheinenden Wunde (z. B. hervorgerufen durch Holzsplitter oder Dornen, bzw. durch Verschmutzung) besteht die Gefahr einer Infektion mit Bakterien oder dem Tetanuserreger. Erste-Hilfe-Maßnahmen zielen daher auf die Vermeidung dieser beiden Gefahren ab.
Bei kleineren Wunden reicht es, grobe Verschmutzungen zu entfernen und anschließend einen sterilen Verband anzulegen. Bei der Versorgung im Revier sollten nur Verschmutzungen entfernt werden, die sich mit einer sterilen Wundauflage leicht wegwischen lassen. Eine akribische Wundreinigung ist nicht notwendig. Ebenso kann auf Spülung oder Reinigung der Wunde mit Desinfektionsmitteln verzichtet werden. Anschließend wird die Wunde mit einem sterilen Tupfer bedeckt und dieser mit einer Mullbinde fixiert. Nach der Erstversorgung im Revier, muss zur Weiterbehandlung jeder Wunde unbedingt so schnell wie möglich ein Arzt aufgesucht werden!
Bei der Versorgung von großen Wunden, wie zum Beispiel tiefen Schnittwunden, Stichwunden oder Verletzungen durch Motorsägen, muss das erste Ziel die Blutstillung sein. Trotz aller Hektik und Stress in solchen Situationen darf auf die Alarmierung von Rettungskräften nicht vergessen werden! Eine unkontrollierte Blutung führt unweigerlich dazu, dass der Verunfallte in einen akut lebensbedrohlichen Zustand, den sogenannten hypovolämen Schock (Volumensmangelschock) verfällt. Sollte dies der Fall sein, besteht akute Lebensgefahr. Zeichen eines solche Schockzustandes sind unter anderem blasse Hautfarbe, Kaltschweißigkeit, schneller Pulsschlag und Kältegefühl. Das erste Ziel ist daher bei großen Wunden die Blutstillung. Man sollte nicht vergessen, dass vorhandene aktive Blutungen nicht immer zu sehen sind. So können etwa Stichwunden „nach innen“, also in eine Körperhöhle, bluten.
Erste-Hilfe-Maßnahme zur Blutstillung ist das „Abdrücken“ und die Anlage eines Druckverbandes. Kann mit einem solchen Druckverband die Blutung nicht gestoppt werden, sollte als Nächstes ein zweiter Druckverband über dem ersten angelegt werden.
Was ist zu tun bei ...
Starker Blutung am Arm
· Seitlich neben dem Kopf des Betroffenen knien, je nach Lage der Verletzung Hand bzw. Handgelenk fassen und Arm hochhalten.
· Mit vier Fingern die Arterie in der Muskellücke auf der Oberarminnenfläche gegen den Oberarmknochen drücken.
· Wunde durch eien zweiten Helfer verbinden lassen.
Beim Abdrücken wird die Blutung dadurch zum Stillstand gebracht, dass die zur Wunde führende Arterie an der dafür geeigneten Stelle gegen den darunterliegenden Knochen gedrückt wird. Auf diese Weise wird die Blutzufuhr zur Blutungsstelle unterbrochen.
Starker Blutung am Bein
· Aufpressen möglichst keimfreien Materials auf die Blutungsstelle bzw. Hineindrücken in die Wunde. · Ggf. Druckverband anlegen.
Starker Blutung an Kopf und Rumpf
· Möglichst keimfreies, weiches Material auf die Blutungsstelle aufpressen.
· Wenn es die Platzierung der Wunde zulässt, legt man einen Druckverband an, ansonsten weiter auf die Wunde drücken, bis der Rettungsdienst den Betroffenen übernimmt.
TEXT: Martin Pelitz
FOTOS: Michel Eram / DRK
Wie legt man einen Druckverband an?
1. Schritt: Wundauflage auf die Wunde legen.
2. Schritt: Wundauflage mit 2 bis 3 kreisförmigen Bindengängen befestigen.
3. Schritt: Druckpolster auf den Wundbereich legen. Weitere Bindengänge über das Druckpolster legen.
Wenn diese Maßnahmen bei Arm- und Beinwunden nicht greifen, muss ein sogenanntes Tourniquet („Abbindeverband“) angelegt werden. Wichtig hierbei ist es, dass das Abbinden nicht über Gelenken erfolgt, und keine schmalen Utensilien (Draht) verwendet werden. Nach erfolgter Abbindung sollte der Verband nicht mehr gelöst werden.
Wenn diese Maßnahmen nicht helfen, stehen noch sogenannte hämostatische Wundauflagen (z.B. QuikClot®) zur Blutstillung zur Verfügung. Hierbei handelt es sich um speziell beschichtete Wundauflagen, die direkt in die Wunde gestopft werden und eine Blutstillung bewirken.
Fremdkörper (Äste, Messer, usw.) die noch in der Wunde stecken, sollten wenn möglich nicht entfernt werden. Der Grund dafür ist, dass es bei der Entfernung zu unkontrollierbaren Blutungen aus Gefäßen, die durch den Fremdkörper verschlossen waren, kommen kann.
Alle Fremdkörper werden nur vom Arzt entfernt!
Länger aus der Wunde herausragende Fremdkörper sind bei der Wundbedeckung so zu umpolstern, dass keine zusätzlichen Verletzungen entstehen können!
Nach der Versorgung der Wunde ist der Verunfallte, je nach Zustand, in eine stabile Seitenlage (bewusstlos) oder in eine „Schocklagerung“ (Oberkörper flach, Beine ca. 30° erhöht) zu bringen.
Weiters sollte er, um Wärmeverlust zu vermeiden, mit einer Aludecke zugedeckt werden.
Bis zum Eintreffen der Rettungskräfte muss natürlich immer wieder der Zustand des Unfallopfers überprüft werden. Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass bei jeder Art der Wundversorgung der Helfer Einmalhandschuhe tragen muss.