Welche Altersklasse
erlegen?
Angesichts der gerade genannten Gegebenheiten stellt
sich die Frage, wie auf die daraus
entstehenden Probleme in angemessener Weise reagiert werden kann. Trotz des dringenden
Gebots der Bestandsreduktion
darf die Weidgerechtigkeit auf
keinen Fall vernachlässigt werden. In diesem Kontext ist vor
allem auf den Schutz von führenden Bachen hinzuweisen, da
noch kleine Frischlinge auf die
Versorgung durch das Muttertier angewiesen sind. Darüber
hinaus gilt es zudem, die Rolle
der Leitbache innerhalb der
Sozialstruktur einer Rotte zu bedenken, wobei allerdings die Bedeutung jener erfahrenen weiblichen Stücke für das gesamte
Fortpflanzungsgeschehen auch
nicht zu hoch angesetzt werden
sollte. Angesichts neuerer Überlegungen scheint
nämlich eine Synchronisation der Räusche sowie
eine Einschränkung der Fortpflanzung von Jungtieren durch die Leitbache eher unwahrscheinlich.
Die hohe Nachwuchsrate macht jedoch jagdliche
Entnahmen in allen Altersklassen des Schwarzwildes notwendig, weshalb die richtige Taktik für
die Abschusserfüllung unter gleichzeitiger Einhaltung der moralischen Grundprinzipien des
Weidwerks entscheidend ist. Hierzu sollte man sich
zunächst vor Augen halten, dass zwar ein Großteil der Bachen im Zeitraum von Februar bis Mai
frischt, einzelne Geburten sich jedoch bis in den
Sommer hinein verschieben können. Am sichersten kann sich der Saujäger von Mitte November
bis Mitte Jänner sein, was diese Tage eben zu den
besten für Bewegungsjagden auf Schwarzkittel
macht. Wenn einem Bachen ohne Frischlinge
begegnen, sollte die Chance für eine sichere Erlegung unbedingt genutzt werden. Vor allem im
Frühjahr und Sommer ist jedoch Vorsicht geboten,
da sich der diesjährige Nachwuchs einer Sau noch
im Wurfkessel befinden oder schlichtweg hinter
dichtem Pflanzenwuchs versteckt sein kann. Ältere
Muttertiere bringen zwar deutlich mehr Frischlinge pro Wurf zur Welt, sind aber im Vergleich
zu den jüngeren in wesentlich geringeren Zahlen
vorhanden. Aus diesem Grund sind die „frühreifen“
Weibchen insgesamt für den höheren Anteil der
Nachwuchszahlen verantwortlich. Um dem entgegenzuwirken, empfiehlt es sich also, besonderes
Augenmerk auf die Erlegung von Frischlingen zu
setzen. Ebenso sollten reine Überläuferrotten, welche leicht am Fehlen von Frischlingen und der ein
heitlichen Körpergröße erkannt werden können,
mit Nachdruck bejagt werden. Falls man vor der
Wahl steht, sollten grundsätzlich eher die jünge-
ren vor den älteren Stücken entnommen werden.
Sind bei einer Rotte mit mehreren Bachen sicher
nur mehr schon etwas ältere (ungestreifte) und
somit nicht auf Milch und Wärme des Muttertiers
angewiesene Frischlinge dabei, kann aber durchaus ein Stück von mittlerer Größe erlegt werden.
Selbst wenn es eine führende Bache trifft, erhält
deren Nachwuchs Führung durch die anderen Mitglieder der Sippe.
Jagdarten – verschiedene Wege,
ein Ziel
Um eine nachhaltige Regulierung der Schwarzwildbestände zu gewährleisten, spielt neben Überlegungen zur Sozialstruktur ebenso das Thema
der Effizienz eine wichtige Rolle. Immerhin sind
die Ressourcen auch des passioniertesten Jägers
letztendlich begrenzt. Die Erfahrung zeigt, dass
Drückjagden die mit Abstand besten Ergebnisse
hinsichtlich der Relation zwischen zeitlichem
Aufwand und Jagderfolg erzielen. Selbst unter
Einbeziehung der von den Treibern investierten
Stunden wurde pro erlegtem Stück weitaus weniger Zeit verbraucht als bei Formen der Einzeljagd.
Die Effektivität zur Bestandskontrolle lässt sich
zusätzlich noch durch revierübergreifende Zusammenarbeit steigern. Nichtsdestoweniger ist
der individuelle Ansitz nach wie vor von wesentlicher Bedeutung. Ohne Kirrung durchgeführt,
stehen die Erfolgschancen zwar weitaus schlechter, doch lässt sich diese Form der Ansitzjagd gut
zum Schutz von potenziellen Wildschadensflächen
einsetzen. Hierbei macht sich der Weidmann ganz
im Stile der Schwerpunktbejagung die Intelligenz
des Schwarzwildes zunutze, welches sich schnell
die gefährlichen Orte einprägt und in Zukunft
meidet. Der Einsatz von Mais und anderen Kirrmitteln hat demgegenüber in der Regel den Vorteil,
viel schneller zu einem Anblick zu führen. Damit
verbunden ist jedoch unweigerlich die Einbringung
einer zusätzlichen Nahrungsquelle, was vor allem
in ansonsten mageren Jahren für eine künstliche
Erhaltung der Bestandszahlen auf hohem Niveau
sorgen kann. Da die Schwarzkittel aber ohne Lock
mittel nur vergleichsweise schlecht zustehen, wird
für die meisten Jäger kein Weg gänzlich am Kirrplatz herumführen.
Tipps und Tricks
Falls es bei dem einen oder anderen immer noch
nicht so recht klappen will mit der Saujagd, gibt es
hier kurz vor Schluss noch ein kleines Potpourri an
Ideen: Wer eine Drückjagd plant, sollte vorher für
Ruhe sorgen und je nach Möglichkeit in dem angedachten Areal vier bis fünf Wochen lang keinen
Schuss abfeuern. Geht es dann an die konkrete
Realisierung, kann gar nicht oft genug betont werden, welch wichtige Erfolgsfaktoren Kooperation
und Kommunikation darstellen. Wer lieber auf sich
allein gestellt loszieht, sollte bedenken, dass jeder
Fehler dem Schwarzwild Informationen liefert
und es vorsichtiger macht – sei es ein ungewolltes
Anstoßen an der Kanzelwand oder ein zu baldiges
Abbaumen in der Euphorie nach einem geglückten
Schuss. Die Sauen verweilen nämlich nicht selten
in der Umgebung eines erlegten Artgenossen und
achten genau auf jedes verdächtige Geräusch und
jeden ungewohnten Geruch. Wer in dieser Be
ziehung auf Nummer sicher gehen möchte, kann
es mit einem alten weidmännischen Hausmittel
versuchen und sich mit einem zerdrückten Brühwürfel garnieren. Um die Lockwirkung der aus
gebrachten Kirrung zu steigern, kann etwas Anis
in Körner- oder Pulverform oder auch als Öl unter
Mais oder Weizen gemengt werden. Egal, ob mit
oder ohne Anis, es sollten anstatt eines großen
Futterberges stets mehrere kleine Haufen an Kirrung verteilt werden, da das Wild so länger vor Ort
verweilt. Wenn das Problem nicht in den schlecht
zustehenden Sauen, sondern in der Schläfrigkeit
des Ansitzenden begründet liegt, lässt sich mit
Walnüssen spielend leicht Abhilfe schaffen. Das
Schwarzwild nimmt die kleinen Köstlichkeiten
dankbar an, wobei ein laut vernehmliches Knacken
entsteht. Wer als Kind gern mit einer Schleuder
durch die Gegend zog, vermag hier sogar kurz seine
Jugend wiederaufleben zu lassen, denn die Nüsse
können per Zwille bequem vom Hochstand aus in
der Landschaft verteilt werden.
Der Kreativität sind also keine engen Grenzen gesetzt. Wichtig ist dabei vor allen Dingen, dass man
am Ball bleibt, denn jeder Frischling, der einem
durch die Lappen geht, kann im nächsten Jahr
schon eine ordentliche Nachkommenschaft aufweisen, vor allem, was Bachen betrifft. So sollten
gerade Jahre mit wenig Bestandszuwächsen als
Chancen für eine nachhaltige Kontrolle der Stückzahlen gesehen werden. Mit etwas Überlegung und
aufrichtigem Einsatz lässt sich dies gut mit den
Prinzipien der Weidgerechtigkeit vereinbaren.